Ministerium plant Erfassung, aber keine Flexibilisierung der Arbeitszeit - DEHOGA: Bürokratisch, an der Sache vorbei und aus der Zeit gefallen

Am Dienstag wurde ein Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Heil bekannt, mit dem dieser strenge Regelungen zur Erfassung der Arbeitszeit nahezu aller Arbeitnehmer gesetzlich festschreiben will. Kern der geplanten Neuregelung: Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufgezeichnet werden.

Der DEHOGA kritisiert diesen Vorstoß als bürokratisch, an der Sache vorbei und aus der Zeit gefallen. Das aktuell wichtigste Anliegen von Beschäftigten und Unternehmen ist die Schaffung von mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung. Unternehmen testen gemeinsam mit den Mitarbeitern innovative Arbeitszeitmodelle, zeitgemäße Arbeitsorganisation und individuelle Lösungen. Nur so kann man die Bedürfnisse der Mitarbeiter einerseits und betriebliche Bedarfe andererseits in Ausgleich bringen. Jetzt ausschließlich auf eine technische Regulierung der Dokumentation zu setzen und somit massive neue Bürokratie zu erzeugen, ohne gleichzeitig zumindest bestehende rechtliche Hürden bei der Flexibilität anzupacken, geht an den Bedürfnissen der Praxis komplett vorbei. Der DEHOGA fordert eine Umstellung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von einer Tages- auf eine Wochenbetrachtung. Denn so können Unternehmen und Mitarbeiter die vereinbarte Gesamtarbeitszeit gemeinsam besser und individueller verteilen.

Hintergrund des jetzigen Entwurfes aus dem Arbeitsministerium ist Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts, wonach der Arbeitsschutz grundsätzlich eine „verlässliche und objektive“ Aufzeichnung der Arbeitszeiten verlange. In den einschlägigen Urteilen findet sich aber weder die Forderung nach einer zwingend elektronischen Erfassung noch nach einer tagesaktuellen Dokumentation. Hier geht das Arbeitsministerium also – wieder einmal - über juristische und europäische Vorgaben hinaus.

Lediglich leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sollen von dieser Regelung nicht betroffen sein, denn für diese gilt das Arbeitszeitgesetz nicht. Für Arbeitnehmer, mit denen Vertrauensarbeitszeit vereinbart wurde, kann der Arbeitgeber auf die Kontrolle der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verzichten. Auf die Aufzeichnung selbst kann aber auch in diesen Fällen nicht verzichtet werden, was den Sinn der Vertrauensarbeitszeit konterkariert. Außerdem muss der Arbeitgeber auch bei Vertrauensarbeitszeit sicherstellen, dass ihm „Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeitszeit und der Ruhezeiten bekannt werden“. Welche Prüfpflichten das konkret bedeuten soll, ist völlig unklar.

Für Arbeitgeber, die nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen, soll die Pflicht zur elektronischen Aufzeichnung nicht gelten – alles andere aber schon. Für größere Arbeitgeber sind – gestaffelt nach der Mitarbeiterzahl – Übergangsfristen für die elektronische Aufzeichnung vorgesehen. Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern beispielsweise haben für die elektronische Umsetzung der Aufzeichnung fünf Jahre Zeit. Für gastgewerbliche Arbeitgeber bedeutet die Neuregelung im Vergleich zu den bisher geltenden Arbeitszeit-Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz eine spürbare Verschärfung. Denn hiernach steht die Form der Aufzeichnung dem Arbeitgeber frei und er hat dafür sieben Tage Zeit. Auch die bisherigen Einkommensgrenzen würden nach dem Entwurf keine Rolle mehr spielen.

Außerdem steht zu befürchten, dass die neue Regelung massiven Aufwand in der Lohnbuchhaltung auslösen wird. Denn der Arbeitnehmer soll Informationen über die aufgezeichneten Arbeitszeiten verlangen können. Der Arbeitgeber muss ggf. eine Kopie der Aufzeichnung zur Verfügung stellen.

In einem eng begrenzten Rahmen sollen Tarifverträge für tarifgebundene Arbeitgeber Abweichungen festlegen können. Das allein ist nicht zielführend. Es muss für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die gemeinsam die Arbeitszeiterfassung abweichend von der gesetzlichen Vorstellung modifizieren wollen, möglich sein, solche Vereinbarungen auf arbeitsvertraglicher Grundlage zu treffen.