Die Hygiene-Ampel ist gescheitert

Wie sauber ist die Küche eines Restaurants, eines Hotels oder einer Kneipe? Darüber sollte die symbolische Hygiene-Ampel Auskunft geben. Nun ist die Idee gescheitert.

 

Mit einem bundesweit einheitlichen System wollten die Verbraucherschutzminister der Länder Gaststättenbesucher Orientierung bieten. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe konnten sich Verbraucher- und Wirtschaftsminister nun allerdings nicht darauf einigen, die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen durch einen Aushang in Restaurants, Gaststätten oder Kantinen zu veröffentlichen. Dafür hatten die Verbraucherschutzminister im Mai 2011 die Hygiene-Ampel vorgeschlagen – also eine Grafik, die je nach Grad der amtlichen Rüge über die Farben gelb, grün und rot darlegt, wie es um die Hygiene bestellt ist.

In der Arbeitsgruppe waren die Vertreter der Wirtschaftsressorts aber nicht bereit, dieses System verpflichtend einzuführen. Es sei zu bürokratisch und für die betroffenen Betriebe zu teuer. Die Wirtschaftsministerien stoßen sich vor allem daran, dass ein Wirt zwar im Fall von Missständen rasch eine Nachprüfung erhalten sollte, die Kosten der zweiten Kontrolle aber selbst hätte bezahlen müssen. Und die Nachprüfung, so das Argument der Wirtschaftsminister, wäre für jeden Gastronom zwingend gewesen, weil andernfalls das erste Prüfergebnis Gäste verschreckt hätte – ein Ergebnis, das jedoch auf einem inzwischen wohl längst abgestellten Missstand basierte.

Ihren Konflikt lösten beide Seiten mit einem Kompromiss, der den Bürgern wenig nützt: Gastronomen sollen freiwillig die Ampel ins Schaufenster kleben. Aber welche Ekelkneipe macht freiwillig bekannt, dass es in ihrer Küche dreckig ist? Entsprechend bissig fällt die Kritik von Verbraucherschutzorganisationen aus. "Die verantwortlichen Minister schützen offenbar lieber die Schmuddelbetriebe vor den Verbrauchern als die Verbraucher vor den Schmuddelbetrieben", sagt Matthias Wolfschmidt von Foodwatch.

Das Scheitern der Arbeitsgruppe bringt nun vor allem die SPD in politische Verlegenheit. Denn im Gegensatz zu Union und FDP, die sehr zur Freude des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands von Anfang an Skepsis gegen die Hygiene-Ampel hegten, sprachen sich die Sozialdemokraten auf ihrem Parteitag im Herbst 2011 für das Kontrollsystem aus. In der Arbeitsgruppe jedoch kam auch von den Vertretern Hamburgs (die Hansestadt wird mit absoluter Mehrheit von der SPD regiert) Widerstand gegen die Ampel. Umso eifriger betonen andere Landesregierungen mit SPD-Beteiligung, dass es bei dem Beschluss der Arbeitsgruppe nicht bleiben dürfe. So erklärt der Thüringer Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD), dass man einen neuen Anlauf für ein bundesweit einheitliches Modell versuchen müsse. In diesem Sinne äußert sich auch der Stuttgarter Agrarminister Alexander Bonde (Grüne).

Ob es dazu kommt, steht freilich in den Sternen. So bleibt vorerst nur die Änderung, die ab September auf jeden Fall kommt: Dann werden die Länder die Betriebe veröffentlichen, die wegen Verstößen gegen Hygiene-Auflagen ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zahlen müssen.

Quelle: Badische Zeitung, Bernhard Walker, 12. Juni 2012