Kabinett beschließt Eckpunkte zur Fach- und Arbeitskräfteeinwanderung

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die lange erwarteten Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten beschlossen und die vier beteiligten Minister Heil, Faeser, Stark-Watzinger und Habeck haben diese der Öffentlichkeit vorgestellt.

So, wie über Presseverlautbarungen bereits im Spätsommer angekündigt (wir berichteten im DEHOGA Belrin Newsletter) sehen die Eckpunkte zukünftig drei Säulen für die Erwerbsmigration vor: Fachkräftesäule, Erfahrungssäule und Potenzialsäule. Die Fachkräftesäule soll der wichtigste Weg bleiben. Daneben sind weitere Regelungen für die vorübergehende oder dauerhafte Zuwanderung für Tätigkeiten geplant, die keine akademische oder berufliche Qualifikation erfordern. Diese Schiene ist für das Gastgewerbe von besonders großer Bedeutung, da bei uns zunehmend auch Hilfskräfte und Aushilfen fehlen, insbesondere in der Saison.

In den Eckpunkten finden sich etliche Aspekte wieder, die der DEHOGA teils schon lange fordert und in den letzten Monaten in zahlreichen Gesprächen mit der Politik, den zuständigen Ministerien und der Bundesagentur für Arbeit verstärkt thematisiert und konkretisiert hat. Es sind allerdings auch noch viele Punkte offen. Insbesondere bei den Regelungen, die über die drei Säulen hinausgehen sollen, sind viele Pläne der Bundesregierung nur grob skizziert.

Hier geht es zu einer Zusammenfassung der Eckpunkte der Bundesregierung: 221130_Eckpunkte_Zusammenfassung_final_clean (bmwk.de).

1.    Die für Hotellerie und Gastronomie wichtigsten neuen Aspekte der drei Säulen:

Fachkräfte-Säule:

  • Personen mit anerkannter Berufsqualifikation sollen in jeder qualifizierten Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen arbeiten dürfen. Es gilt allein die Einschätzung des Arbeitgebers, ob die Fachkraft die Tätigkeit ausüben kann.
  • Bei teilweiser Gleichwertigkeit der Qualifikation soll die Einreise und Beschäftigung als Fachkraft erfolgen können. Die volle Anerkennung soll innerhalb von drei Jahren nachgeholt werden können.
  • Die Vorrangprüfung bei der Einreise zur Aufnahme einer Ausbildung wird abgeschafft.
  • Bei Bildungsaufenthalten sollen Nebenbeschäftigungen bis zu 20 Stunden pro Woche ermöglicht werden.

Erfahrungs-Säule:

  • Eine qualifizierte Beschäftigung in nicht-reglementierten Berufen soll mit zweijähriger Berufserfahrung ohne formale Anerkennung ermöglicht werden, wenn eine mindestens zweijährige Berufsausbildung im Herkunftsland absolviert wurde. Die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit einem deutschen Referenzberuf ist hier nicht erforderlich.
  • Voraussetzung ist grundsätzlich ein Mindestgehalt von 45 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung. Das bedeutet für 2023: 39.420 € (alte Bundesländer) bzw. 38.340 € (neue Bundesländer) jährlich. Eine Abweichung von der Gehaltsschwelle nach unten ist bei Tarifbindung des Arbeitgebers möglich.
  • Durch eine sog. Anerkennungspartnerschaft soll die Einleitung des Anerkennungsverfahrens erst nach der Einreise und Beschäftigung möglich sein. Die Arbeitgeber unterstützen hier die Beschäftigten bei Anerkennung und Qualifizierung.

Potenzial-Säule:

  • Eine Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems zur Arbeitsplatzsuche anhand der Kriterien Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter wird eingeführt.
  • Während der Suche werden Möglichkeiten der Probebeschäftigung und der Nebenbeschäftigung geschaffen.

2.    Für das Gastgewerbe wichtige weitere Regelungen unabhängig von der Qualifikation der Arbeitskräfte

  • Die Westbalkanregelung soll entfristet und das Kontingent "mindestens deutlich" angehoben werden. Auch wird eine Ausweitung auf weitere Staaten angestrebt. Zur Festlegung dieser Staaten ist der DEHOGA mit den Ministerien und der BA im Dialog. Weiter soll eine zügige Bearbeitung der Anträge gewährleistet werden, auch durch die verstärkte Digitalisierung der Verfahren.
  • Die BA bekommt die Möglichkeit, in Abstimmung mit der Bundesregierung befristete Kontingente für bestimmte Branchen festzulegen. Dafür muss ein „arbeitsmarktlicher Bedarf“ festgestellt werden. Beschäftigte sollen dann unabhängig von der Qualifikation für bis zu sechs Monate einreisen können. Die Beschäftigung muss bei tarifgebundenen Arbeitgebern erfolgen. Eine kurzfristige sozialversicherungsfreie Beschäftigung soll hier ausgeschlossen werden.
  • Mit einer Arbeitserlaubnis der BA sollen aus bestimmten „Positivstaaten“ Einreisen von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen ermöglicht werden.

3.    Werbemaßnahmen, Vermittlung und Zusammenarbeit mit Drittstaaten

Der DEHOGA hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Verbesserung des rechtlichen Rahmen von zentraler Bedeutung ist, die Unternehmen aber daneben auch bei der Mitarbeitersuche in Drittstaaten praktisch unterstützt werden müssen und vor allem die Visums- und Anerkennungsverfahren beschleunigt und entbürokratisiert werden müssen. Positiv also, dass die Eckpunkte auch einen umfangreichen Katalog von geplanten Begleitmaßnahmen enthalten. Für das Gastgewerbe insbesondere von Bedeutung:

  • Maßnahmen zur Werbung und engerer Zusammenarbeit mit Drittstaaten sollen die Vermittlung und das Matching von offenen Stellen und ausländischen Fach- und Arbeitskräften erleichtern. Hier spielt die Bundesagentur für Arbeit eine zentrale Rolle, z.B. um über Pilotprojekte oder die Entwicklungshilfezusammenarbeit die Fachkräftegewinnung in Drittstaaten voranzutreiben. Der DEHOGA ist schon seit längerer Zeit in intensivem Dialog mit der BA, um hier auf regionaler Ebene Projekte anzustoßen und durchzuführen, die sich für eine spätere Vergrößerung eignen.
  • Für den Spracherwerb im In- und Ausland sollen quantitativ und qualitativ die Angebote von Sprachkursen und Prüfungen ausgebaut werden.
  • Die Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse sollen digitalisiert, optimiert und beschleunigt werden. Auch Unterstützungs- und Qualifizierungsangebote sollen ausgebaut werden.
  • Die Verwaltungsverfahren sollen durch verschiedene Vorhaben digitalisiert, beschleunigt und transparenter gestaltet werden. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Behörden soll besser abgestimmt werden.
  • Die gesellschaftliche Integration soll durch eine Reihe von Maßnahmen gestärkt werden, damit die Arbeitskräfte und ihre Angehörigen sich in Deutschland willkommen fühlen.