DEHOGA-Schreiben in Sachen Infektionsschutzgesetz

Im Vorfeld der Gesundheitsministerkonferenz in dieser Woche haben wir unsere Argumente gegen und Zweifel an den bisherigen Coronavorsorge-Plänen für Herbst und Winter in einem Schreiben an  Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundesjustizminister Marco Buschmann adressiert. Wir haben eindringlich an die Minister appelliert, das Gesetzesvorhaben grundlegend zu überarbeiten. Es heißt darin wie folgt:

Auch wenn wir zunächst mit Erleichterung festgestellt haben, dass Schließungen von gastronomischen Einrichtungen und Beherbergungsverbote im geplanten „Instrumentenkatalog der Länder“ (§ 28b IfSG) nicht vorgesehen sind, so appellieren wir heute eindringlich an Sie, das Gesetzesvorhaben grundlegend zu überarbeiten. Die Pläne zur Maskenpflicht mit den nicht nachvollziehbaren Ausnahmetatbeständen rufen erneut größte Sorgen und Existenzängste in den Unternehmendes Gastgewerbes hervor.

Ebenso fehlen verbindliche Kriterien für die jeweiligen Szenarien, die den Länderngestatten, die Corona-Maßnahmen nach § 28b des Entwurfs zu ergreifen. Schwellen- oder Grenzwerte, die bundesweit zur Anwendung kommen müssen, wurden nicht definiert. Somit ist absehbar, dass erneut ein föderaler Flickenteppich an Regelungen entstehen wird und dass politische und juristische Auseinandersetzungen über die Angemessenheit von Maßnahmen entstehen werden.

Für größten Unmut und Frustration sorgen die Regelungen zum Impfstatus, gerade bei den Menschen, die bislang den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission oder denen des Bundesgesundheitsministeriums gefolgt sind. Um ohne Maske ins Restaurant zu kommen, darf die letzte Einzelimpfung erst drei Monate zurückliegen. Sollen sich die Menschen jetzt alle drei Monate impfen lassen, während Ärzte bezogen auf die aktuell verfügbaren Impfstoffe davon abraten?

Es ist bekannt, wie kritisch die Impfungen in Teilen der Bevölkerung gesehen werden. Mit dieser Kommunikation bestärken Sie leider die Impfgegner und rufen beiG eimpften Skepsis und Verunsicherung hervor.

Aktuell gilt eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für die vierte Impfungfür alle über 70-jährigen, das BMG empfiehlt sie allen über 60-Jährigen. Solche widersprüchlichen Aussagen sind nicht hilfreich. Aber jetzt die Botschaft zu verkünden, wer ab Oktober bis April ohne Maske ins Restaurant will, müsse sich alledrei Monate impfen lassen, ist völlig inakzeptabel, da auch nicht erkennbar ist, dass dies auf validen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen beruht.

Als größte hauptbetroffene Branche mit über 200.000 Betrieben erwarten wir einbesseres Pandemie-Management.

1. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu wahren!

Die in § 28b Abs. 2 des Normentwurfs vorgesehenen Maßnahmen zur Maskenpflicht und den Ausnahmetatbeständen sind mit einem erheblichen Kontrollaufwand beim Einlass verbunden. Wie dies im Innenbereich der Gastronomie kontrolliert werden soll, wenn z.B. ein Gast zur Toilette geht, ist völlig unklar. Der vonIhnen in der Pressekonferenz genannte „Aufkleber“ war wohl kein ernst gemeinteVorschlag. Fehlende Akzeptanz und Konflikte sind vorprogrammiert.

Die Ausnahmeregelung zum Impfstatus (drei Monate) stiftet Verwirrung und Empörung, da es aktuell auch völlig unklar ist, ob es im Herbst einen gegen die aktuelle BA5-Variante wirksameren Impfstoff geben wird, ob dieser rechtzeitig und inausreichender Menge verfügbar sein wird und ob die Impfkapazitäten die Nachfrage werden decken können.

Es sind keine konkreten Kriterien für die Länder definiert, bei welchem Pandemie-Szenario die Maskenpflicht in gastronomischen Einrichtungen erforderlich ist. Es darf nicht in das Belieben der Länder gestellt werden, wann diese Maßnahme der Maskenpflicht geeignet und zur Zweckerreichung erforderlich und angemessen sind. Wenn der Gesetzgeber den „Instrumentenkasten für die Länder“ definiert und richtigerweise bei der Vorstellung am 3. August ausdrücklich herausstellt, dass die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist und dass auch im Herbst und Winter gilt „Freiheitseinschränkungen darf es nur geben, wenn sie erforderlich sind“, dann muss konsequenterweise auch definiert werden, welche Kriterien und Grenzenbundesweit zur Beurteilung des Infektionsgeschehens zur Anwendung kommen. Eine entsprechende Konkretisierung ist in § 28b Abs. 7 vorzunehmen.

Die Begrenzung der Personenzahl bei Veranstaltungen führt zu erheblichen Umsatzverlusten, wie die Erfahrungen aus dem letzten Winter zeigen. Eventcaterer und Hotels mit relevanten Tagungs- und Veranstaltungskapazitäten erlitten Umsatzverluste von deutlich über 50 %. Der durchschnittliche Umsatzverlust im Gastgewerbe in den Wintermonaten betrug laut Statistischem Bundesamt ca. 30 %.

Erschwerend kommt hinzu, dass im Gegensatz zum letzten Winter bislang keine Corona-Hilfen vorgesehen sind und das Beihilfeprogramm der EU zum 30.06.2022 ausgelaufen ist.

In zahlreichen Gerichtsentscheidungen wurde die Rechtswidrigkeit der Corona-Maßnahmen nur unter Verweis auf die kompensierenden Corona-Hilfen verneint.

Wenn erneut unsere Branche mit kostenintensiven Auflagen und Corona-Maßnahmen belastet wird, muss frühzeitig klar geregelt werden, dass und wie Unterstützung gewährt wird.

Gastgeber, Gäste und Mitarbeiter sind dankbar, dass sie sich seit April bzw. Maiohne Auflagen in der Branche aufhalten können. Trotz hoher Inzidenzen und uneingeschränkter Öffnung der Betriebe, ist es in den vergangenen fünf Monaten zukeiner Überlastung des Gesundheitssystems gekommen. Bei allem Verständnisdafür, dass eine auch rechtliche Vorbereitung für den Herbst erfolgen sollte und bei aller unserer Unterstützung für das Ziel des Gesetzesvorhabens, den Schutzvulnerabler Gruppen, muss doch berücksichtigt werden, dass die Gäste freiwillig inunsere Betriebe kommen und im dritten Jahr der Pandemie vielfältige Erfahrungen gesammelt haben, die die Ausübung ihrer Eigenverantwortung gestärkt haben.

All diese Aspekte bitten wir bei der Ausgestaltung der „Instrumente“ für die Länderzu berücksichtigen.

2. Klarheit zu Impfungen schaffen!

Es ist originäre Aufgabe der zuständigen Stellen, eindeutig zu regeln und zu kommunizieren, wann welche Impfung zu empfehlen ist. Widersprüchliche Aussagen des Bundesministeriums für Gesundheit, der Ständigen Impfkommission und zahlreicher Wissenschaftler schaffen Verunsicherung und motivieren die Menschen vielfach nicht, sich die empfohlenen Impfungen zu holen.

Aus der Vergangenheit ist bekannt, wie wichtig eine professionelle Organisationder Impfungen ist, dies betrifft die klare Kommunikation und die Verfügbarkeit ausreichender Mengen des Impfstoffes wie auch ausreichender Impfkapazitäten.

Dies erbitten wir dringend mit zu planen und zu organisieren.

3. Schaffung ausreichender Testkapazitäten sowie Wiedereinführung kostenfreier Tests!

Wenn der Zugang zu zahlreichen Orten des öffentlichen Lebens wieder abhängig ist von der Vorlage eines Negativtests, erachten wir es für notwendig und zweckgerichtet, dass kostenfreie Tests wieder zur Verfügung gestellt werden.

4. Sorgfalt in der Kommunikation beachten

Im am 3. August vorgestellten Instrumentenkasten ist fehlerhafter Weise nur die FFP2-Maskenpflicht benannt. Dies steht im Widerspruch zum Normentwurf vom 03.08., der stets die FFP2-Maske oder eine medizinische Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz) vorsieht.

Es wäre hilfreich und für die Akzeptanz wirklich notwendiger Maßnahmen unbedingt ratsam, vorher mit den zuständigen Verbänden den Austausch zu suchen, um die Praxistauglichkeit und damit Akzeptanz wirklich notwendiger Maßnahmenzu gewährleisten.

Alle Verantwortlichen der zuständigen Stellen muss bewusst sein, dass bereits Appelle und Empfehlungen zu gravierenden Folgen für die betroffenen Wirtschaftsbereiche führen, die den Betrieben nicht erstattet werden.

Deshalb gilt: Wer eingriffsintensive Maßnahmen per Gesetz oder Verordnung auf den Weg bringt oder losgelöst davon mit seinen Botschaften in der Wirtschaft erheblichen Schaden verursacht, muss auch die Frage beantworten, ob und welche Unterstützung die Betriebe bekommen.