Blogpost von Markus Luthe zur Deutschen Hotelklassifizierung

Im zweiten Teil meiner kleinen Blogpost-Serie zum 25jährigen Jubiläum der Deutschen Hotelklassifizierung greife ich die Europäisierung der Hotelsterne und die Erfolgsgeschichte der Hotelstars Union auf.

Alles begann am 26. April 2007 bei einem Abendessen anlässlich der 55. Generalversammlung unseres europäischen Dachverbandes HOTREC in Lissabon, als mir mein Freund und Tischnachbar Dr. Klaus Ennemoser, damaliger Präsident des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich, vorschlug, in Deutschland und Österreich die Sternevergabe doch zukünftig nach denselben Kriterien zu vergeben.

Ich war zugegebenermaßen nicht sofort begeistert, da ich gleich eine ziemlich deutliche Ahnung hatte, welche Untiefen der Detail- und Gremienarbeit da auf uns lauerten bei möglicherweise asymmetrisch verteiltem Nutzen der Operation. Auch war seinerzeit generell die Skepsis groß, ob gemeinsame internationale Kriterien angesichts der Heterogenität der Märkte und der meteorologischen und kulturellen Unterschiede überhaupt einen Sinn ergäben… Ich bat mir jedenfalls eine Nacht Bedenkzeit aus.

Am nächsten Morgen sagte ich Klaus zu, das Projekt anzugehen, wenn er mir verspräche, dass wir nicht nur eine deutsch-österreichische Lösung anstreben, sondern ein Klassifizierungssystem, das so attraktiv sein muss, dass möglichst viele weitere Länder auch dabei sein wollen. Das war dann unser Deal.

Bereits im Sommer 2007 startete eine gemeinsame deutsch-österreichische Arbeitsgruppe in Wien mit der Ausarbeitung, 2008 stießen die Kolleginnen und Kollegen von Hotelleriesuisse dazu. Dutzende Sitzungen und Arbeitskreise später stand im Sommer 2009 unser neues, gemeinsames Regelwerk. Nach diesem Kraftakt kam die Nagelprobe , ob andere europäische Länder auf dieser Basis tatsächlich mitmachen würden.

Also begab ich mich mit meinem österreichischen Kollegen Matthias Koch auf Sterne-Werbetour nach Budapest (30. Juni) und Prag (30. Juli), wo wir auf Begeisterung und sofortige Zustimmung stießen. Den Durchbruch erzielten wir am 9. November in Barcelona, als am Rande der 60. HOTREC-Generalversammlung mein schwedischer Kollege Rikard Bergsten erklärte, dass Schweden aus der seinerzeit eher lockeren baltisch-skandinavischen Klassifizierungskooperation aussteigen und bei unserem Projekt einsteigen werde. Unsere niederländischen Freunde sagten ihre Teilnahme schließlich noch spontan am 9. Dezember in Woerden zu und so konnten wir am 14. Dezember 2009 in Prag zu siebt die Hotelstars Union offiziell gründen.

Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist! Wieder einmal hatte sich die Weisheit von Victor Hugo – Nein, Michail Gorbatschow kann da keine Urheberrechte an dem Spruch reklamieren – bewahrheitet. Schon bald nach der Gründung traten weitere Länder unser Hotelstars Union bei: Estland (2010), Lettland (2010), Litauen (2010), Luxemburg (2011), Malta (2012), Belgien (2013), Dänemark (2013), Griechenland (2013), Slowenien (2017), Aserbaidschan (2020) und Georgien (2021). Heute zählt die Hotelstars Union somit 18 Mitglieder und zudem noch zahlreiche Beobachterländer.

Auch organisatorisch hat sich die Hotelstars Union zukunftsfest aufgestellt und in diesem Jahr ihre Rechtsform in einen nicht-gewinnorientierten internationalen Verein nach belgischem Recht (AISBL) mit Sitz in Brüssel und Sekretariat in Wien gewandelt. Persönlich bringe ich mich hier derzeit als Vizepräsident ein.

Es bleibt allerdings die berechtigte Frage nach unseren „weißen Flecken“ auf der europäischen Karte, insbesondere wenn man den Blick auf die großen Tourismusnationen Frankreich, Italien oder Spanien richtet. Die Ausgangssituationen sind in diesen Ländern „komplex“: In Spanien gibt es 17 unterschiedliche staatliche Hotelklassifizierungen, in Italien gar 22. Tourismuspolitik fällt dort in die Zuständigkeit der regionalen Gesetzgeber und der Weg hin zu einem einheitlichen europäischen System getragen von der Hotelbranche selbst scheint noch weit zu sein. Etwas optimistischer bin ich bezüglich der Situation in Frankreich, wo Atout France ebenfalls seit 2010 eine ambitionierte nationale Sternevergabe anbietet, sich aber die Hotellerie selbst noch nicht einig zu sein scheint über den einzuschlagenden Weg.

So lange dies so bleibt, werden auch die Europäischen Institutionen in regelmäßigen Abständen immer wieder einen Blick auf die Hotelklassifizierung(en) werfen. Das Europäische Parlament hatte zuletzt am 29. Oktober 2015 in einer Entschließung (Tz. 55) die Ansicht vertreten, dass die „Initiative der Hotelstars Union zur schrittweisen Harmonisierung der Beherbergungsklassifizierungssysteme in ganz Europa weiter gefördert werden sollte, um einen besseren Vergleich des Beherbergungsangebots in Europa zu ermöglichen und damit zu gemeinsamen Kriterien für die Dienstleistungsqualität beizutragen“.

Die Europäische Kommission ihrerseits hat aktuell eine umfangreiche Studie zur Machbarkeit potenzieller Initiativen auf EU-Ebene beauftragt und hierzu auch eine beratende Multi-Stakeholder-Plattform zur Qualität von Tourismusunterkünften eingerichtet, an der ich für die Hotelstars Union teilnehmen darf. Ohne das Ergebnis der Beratungen zu spoilern, werden auch diese umfassenden Analysen keine Zweifel an der Richtigkeit des von der Hotelstars Union eingeschlagenen Weges aufkommen lassen.

Über Anregungen, Kritik und Meinungen freuen sich alle an der Deutschen Hotelklassifizierung haupt- und ehrenamtlich Engagierten hier im Blog über die Kommentarfunktion oder auch per E-Mail an info@hotelstars.eu.