Auswertung der Urteilsbegründung des OVG Münster zur Nichtigkeit der Dortmunder Bettensteuersatzung

Für das Urteil des OVG Münster vom 23. Oktober 2013 (Az.: 14 A 314 – 317/13) zur Dortmunder Bettensteuersatzung liegt uns mittlerweile die Urteilsbegründung vor. Die entscheidenden Gründe zur Nichtigerklärung der Satzung und mögliche Auswirkungen dieses Urteils auch auf Gerichtsverfahren in anderen Bundesländern, haben wir im Nachfolgenden für Sie analysiert:

 

Kernaussage des Urteils:

Die Nichtigkeit der Dortmunder Beherbergungsabgabensatzung (BAS) leitet das OVG Münster aus dem Fakt ab, dass der Betreiber des Beherbergungsbetriebes (in der Folge pauschal als „Hotelier" bezeichnet) nicht der korrekte Steuerschuldner ist. Dieser dürfe allerdings der Gast sein.

Begründung im Urteil:

Gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG in Verbindung mit (iVm) § 43 Satz 1 Abgabenordnung (AO) bestimmt die Satzung wer Steuerschuldner ist. Der damit eröffnete Spielraum ist allerdings stark eingegrenzt. Denn mit § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG iVm § 38 AO entstehen Ansprüche aus dem Steuerverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

Mit dieser Verweisung trifft das KAG eine Grundentscheidung: Das Entstehen der Steuerschuld ist an die Verwirklichung des Steuertatbestandes geknüpft.

Der Steuerschuldner muss dafür zumindest in besonderer rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehung zum Steuergegenstand stehen oder einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands leisten. Andernfalls kann ihm die Erfüllung des Steuertatbestandes nicht zugerechnet werden.

Steuergegenstand ist das Steuergut mit dem Inhalt und Umfang der Tatbestandsverwirklichung. Das ist hier gem. § 2 Abs. 1 S. 1 BAS der Aufwand des Beherbergungsgastes, um die Möglichkeit einer entgeltlichen privaten Übernachtung zu erlangen.

Zwar steht der Hotelier noch in einer rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Beziehung zum Teil der „entgeltlichen Übernachtung", da er die Beherbergungsleistung zu einem bestimmten Preis auf dem Markt anbietet. Doch hat er keinerlei Bezug zu dem Tatbestandsmerkmal des privaten Charakters der Übernachtung, er leistet hierzu auch keinen Beitrag zur Verwirklichung.

Derjenige, dem dieses steuerbegründende Merkmal zugerechnet werden kann, ist vielmehr der Beherbergungsgast, der über den Zweck der Beherbergung entscheidet. Denn der Hotelier weiß im Regelfall nicht, ob dieses Tatbestandsmerkmal vorliegt.

Diese nur gelockerte Beziehung des Hoteliers zum Steuergegenstand schließt es aus, ihn zum Steuerschuldner zu bestimmen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass er sich wirtschaftlich schadlos halten kann und nach der Konzeption auch soll, indem er die in seiner Person entstandene Steuer auf den Gast abwälzt. Denn die Abwälzbarkeit ist begrifflich notwendiges Merkmal jedweder indirekten Aufwandsteuer. Aber die Abwälzbarkeit ist kein hinreichendes Merkmal dafür, jeden unabhängig von seiner Beziehung zum Steuertatbestand zum Steuerschuldner zu bestimmen zu dürfen.

Der Hotelier kann so nur zum Steuerentrichtungspflichtigen bestimmt werden. Hier zeigt das KAG in NRW mit dem Kurbeitrag, dass es sich diese vergleichbare Konstellation auch vorstellen kann.

Wie passt diese Begründung auf die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen?

Entscheidend ist, dass das OVG Münster nicht auf landesrechtliche Vorschriften Bezug nimmt, sondern auf die Normen in der Abgabenordnung abstellt. Es greift hierfür lediglich die Verweisungsnorm im KAG auf (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG), argumentiert jedoch im Übrigen ausschließlich mit den bundesrechtlichen Vorschriften aus § 38 AO sowie § 43 AO.

Die Abgabenordnung selbst ist nicht auf landesrechtliche Steuern anwendbar, jedenfalls nicht direkt. Denn indirekt werden die Verfahrensvorschriften in sämtlichen KAG über Verweisungsnormen einbezogen. In den Stadtstaaten gibt es für Berlin das Abgabenordnung-Anwendungsgesetz, in Bremen und Hamburg jeweils ein Abgabengesetz. Damit wird die Abgabenordnung auch hier für landesrechtliche Steuern für anwendbar erklärt.

Folglich sind § 38 und § 43 AO ebenfalls für die „Bettensteuergesetze" in den Stadtstaaten anwendbar.

Entsprechend ist auch hier das Entstehen der Steuerschuld an die Verwirklichung des Steuertatbestandes geknüpft. Der Steuerschuldner muss in einer besonderen rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand stehen oder einen maßgebenden Beitrag zu dessen Verwirklichung leisten. Da auch die Hoteliers in den Stadtstaaten keinen Bezug zum privaten Charakter der Übernachtungen herstellen können, liegt allenfalls eine gelockerte Beziehung zum Steuergegenstand vor. Diese genügt ebenfalls nicht aus, den Hotelier zum Steuerschuldner zu machen.

Darüber hinaus fehlt es in den Stadtstaaten an Kurbeiträgen, so dass dort eine vergleichbare Abgabe fehlt. Dem OVG Münster schien der Aspekt der Steuerentrichtungspflicht für den Hotelier wichtig zu sein. Mangels einer solchen Vergleichbarkeit, könnte auch das Modell „Gast ist der Steuerschuldner" in den Stadtstaaten schwierig werden. Hier könnten die Datenschutzbelange des Gastes wieder überwiegen.

Zwar entfaltet das Urteil des OVG Münster keine Bindungswirkung für die übrigen Bundesländer, doch hat es aufgrund seiner übertragbaren Argumentationsgrundlage richtungsgebenden Charakter für jedes weitere Gerichtsverfahren.

Quelle: IHA-m@ilnews 40/2013 vom 25. November 2013